Donnerstag, 14. September 2017

Great Women # 114: Oriana Fallaci


Sie war für mich ein Idol: Mit Riesenbrille, Mittelscheitel im langen, glatten Haar, flatterndem Indienschal durchstreifte ich in den später 1960er Jahren Rom wie sie. Aber nicht nur ihr Äußeres zog mich magisch an: Für mich, die Schülerjournalistin, war ihr kämpferisches Herz, ihr Rigorismus, ihr Einsatz gegen alle Hypokrisie unbedingt Vorbild. Morgen jährt sich ihr Todestag zum 11. Male: Oriana Fallaci.



Oriana Fallaci kommt am 29. Juni 1929 in Florenz zur Welt. Ihr Vater, Edoardo Fallaci, Holzschnitzer, hatte eigentlich vor, nach Argentinien auszuwandern, als er an einem der sonnigen fiorentinischen Sommertage auf die zwei Jahre jüngere Tosca Cantini trifft, sich verliebt und bald mit ihr die Tochter zeugt. Auch Tosca, Tochter eines Bildhauers & Anarchisten, Halbwaise, bei zwei Schneiderinnen aufgewachsen, hat ganz andere Pläne für ihr Leben, denn sie hat Kontakte zur Bohème von Florenz. Doch als die Schwangerschaft nicht zu beenden und schon gar nicht mehr zu übersehen ist, wird geheiratet. Die Schwiegermutter macht Tosca das Leben mehr als schwer und degradiert das kluge Mädchen zur Dienstmagd der Familie - ein Bild, das Oriana ihr Leben lang verfolgen und motivieren wird, untermalt von der Stimme der Mutter: "Mach es bloß nicht wie ich! Lerne, schau dir die Welt an, studiere!"

1941
Die wirtschaftlichen Bedingungen der Familie sind wahrlich nicht rosig. Doch alles, was der Vater in seiner kleinen Holzwerkstatt verdient und nicht für den unmittelbaren Lebensunterhalt gebraucht wird, wird in Bücher investiert. Beide Eltern sind begeisterte Leser. Und so ist es nicht verwunderlich, dass der eher seltene Vorname der Tochter nach Marcel Prousts Herzogin von Guermantes gewählt worden ist. 1932 kommt die Schwester Neera auf die Welt, 1938 Paola ( 1964 adoptieren die Fallacis noch ein weiteres Mädchen, Elisabetta ). Eigentlich hätte der Vater an Orianas Stelle lieber einen Sohn gehabt - und so erzieht er sie auch, nimmt sie auf die Jagd nach Singvögeln, ohrfeigt sie, als sie nach einem Bombenangriff weint.

Eine Lösung, der ständigen, zehrenden Armut zu entkommen, wäre für den Vater ( nach einer langen Krankheit mit Verdienstausfall ) der faschistischen Partei Mussolinis beizutreten, doch in der Familie sind alle überzeugte Antifaschisten. Bei den Fallacis hat es Tradition, gegen die Obrigkeit aufzubegehren. Nur ein Onkel, mit einer Schwester des Vaters verheiratet, ist Faschist und wird als besonders brutal & abstoßend von dem jungen Mädchen empfunden.

Schon mit vierzehn Jahren - einen Hakenkreuzwimpel am Fahrrad - transportiert Oriana ( Deckname: Emilia ) für die Resistenza Flugblätter und geheime Botschaften, aber auch Waffen, an den deutschen Besatzern vorbei: So sucht sie ihre mädchenhafte Schwäche wieder gut zu machen. 1944 wird der Vater nach einer Denunziation festgenommen, als er aus einem Depot Material, von den Alliierten erhalten, holen will.

1946
Tosca Fallaci geht anschließend zum Befehlshaber der faschistischen Miliz, der ihr empfiehlt, schon einmal Trauerkleidung anzulegen, weil ihr Mann am nächsten Tag erschossen würde. Die Reaktion der Mutter beeindruckt die Tochter lebenslang, denn die rät dem Faschisten, er solle das seiner Mutter auch empfehlen, weil sein letztes Stündlein auch bald schlagen wird. Edoardo wird nicht hingerichtet, aber gefoltert und ins Zuchthaus gesteckt, wo Oriana ihn mit der Mutter besucht.

Nach der Befreiung von Florenz im August 1944 ist die gesamte Familie am Wiederaufbau Italiens beteiligt. Oriana findet sich in den Listen der Resistenza als Aktivistin wieder und wird als "einfache Soldatin" aus dem "Corpo Volontari della Libertà" entlassen. Die ausgezahlte Abfindung setzt sie ein, um für sich und die Schwestern endlich Schuhe zu kaufen...

Im Herbst des Jahres kann sie nach einer Aufnahmeprüfung ( wegen des versäumten letzten Schuljahres ) im Humanistischen Gymnasium Galileo Galilei ihre schulische Ausbildung fortsetzen und zwei Schuljahre überspringen. Sie ist eine gute, aber unbequeme Schülerin. Als sie, siebzehnjährig, das Abitur in der Tasche hat und eigentlich doch Schriftstellerin werden will, überzeugt sie die Familie allerdings von einem Medizinstudium.

Die Eltern können ihr ein Studium allerdings nicht finanzieren. Deshalb sucht sie sich eine journalistische Tätigkeit und landet - aus Versehen - beim christdemokratischen "Ill Mattino dell' Italia centrale". Dort bekommt sie tatsächlich eine Chance, trotz ihrer Verwandtschaft mit Bruno Fallaci, dem Journalistenonkel, und wird als Reporterin eingesetzt. Lange kann sie die Doppelbelastung nicht aushalten und gibt das Studium schließlich auf. Als bei der Zeitung Druck auf sie ausgeübt wird, einen kritisch-satirischen Artikel zu einer Kundgebung von Palmiro Togliatti, dem Generalsekretär der Kommunistischen Partei Italiens (PCI) zu verfassen, ist die Trennung zwischen dem "Mattino" und Oriana unausweichlich. Mit zweiundzwanzig Jahren ist sie arbeitslos.

Ihr Onkel Bruno ist inzwischen Chefredakteur der Mailänder Zeitschrift "Epoca". Um nicht der Vetternwirtschaft bezichtigt zu werden, zögert er, die Nichte einzustellen, ringt sich aber schließlich doch dazu durch. Allerdings gibt er ihr nur unbedeutende Aufträge und fördert nur ihre männlichen Kollegen. "Es war professionell die dunkelste Zeit meines Lebens", wird sie später urteilen. Zwanzig Monate zieht sich das so hin, bis ihr Onkel entlassen wird – und sie gleich mit. "Onkel Bruno und ich wurden vom italienischen Journalismus nie verhätschelt, weil wir die Dinge beim Namen nannten: Brot war Brot, Wein war Wein, und ein Idiot war einfach ein Idiot".

Arrigo Benedetti, der Herausgeber der Wochenzeitung " L'Europeo", ist einer der wenigen, der Orianas Arbeit schätzt und sie auffordert, nach Rom zu kommen, um über die mondäne Welt dort, das Kino usw. zu berichten. 1954 verlässt Oriana also Florenz, die Stadt, mit der sie sich immer identifiziert hat...

Die römische Lebenslust, die Frivolität passen so gar nicht zu der ehemaligen Partisanin, und über Theater & Boulevard zu schreiben ist nicht ihr Lebensziel. Ihre Schönheit öffnet ihr allerdings manche Türe, und manchmal dient sie ihr auch, ihre Intelligenz & Gefährlichkeit zu verbergen, so dass ihr Gegenüber oft verführt wird, mehr preiszugeben, als ihm lieb ist. Dazu ist sie draufgängerisch und energiegeladen. Entsprechend erfolgreich ist sie mit ihren Artikeln.

So erreicht sie auch, dass sie im November des Jahres auf eine Pressereise in den Iran mitgenommen wird. Und 1956 erkämpft sie sich in der Redaktion des "L'Europeo" das Recht, während des Ungarn-Aufstands 1956 an die Front zu fahren. In einem Artikel dazu schreibt sie: "Wie können wir als Männer und Frauen mit Bewusstsein uns denn noch für die Liebschaften von Filmstars interessieren?" Trotzdem geht sie im November des Jahres das erste Mal nach New York - damals noch eine sehr aufwändige Angelegenheit für die Presse -, um über Prominente und High Society zu schreiben ( und daraus entsteht ihr erstes Buch "I sette peccati di Hollywood"/1958 ).

Der Journalismus ist für Oriana der Kompromiss, den sie eingehen muss, um ihrem eigentlichen Ziel ,der Schriftstellerei, nahe zu kommen...

In jener Zeit, als sich die Zeitschriften darum reißen, ihre Interviews zu veröffentlichen, trifft Oriana das erste Mal Amors Pfeil, so sehr, dass ihr ihre Arbeit unwichtig wird. Alfredo Pieroni heißt der Auserwählte, Korrespondent in London. Als sie 1958 von ihm schwanger wird, ist ihr aber klar, dass er kein Kind mit ihr will. Sie erwägt eine Abtreibung, verliert das Baby aber vorher auf einer Reise in Paris. Die Beziehung bleibt schwierig und endet 1959, einen Tag vor ihrem 30. Geburtstag, mit einem Selbstmordversuch.

Es dauert lange, bis sie beruflich wieder auf die Beine kommt. Dem "L'Europeo"- Herausgeber kommt die Idee, sie auf eine Reise durch den Nahen Osten, Asien bis nach Hawaii zu schicken, um die Lage der Frauen dort zu studieren. Ihr zweites Buch darüber - "Il sesso inutile. Viaggio intorno alla donna" - erscheint 1961:
"Schonungslos offen erzählt sie von Gewalt, Demütigung und Diskriminierung, von der vierzehnjährigen Zwangsverheirateten, der indischen Witwe, die sich auf den brennenden Leichnam ihres Mannes stürzt, der Chinesin mit den neun Zentimeter kleinen Füßen. Nur ein Jahr später erscheint ihr erster Roman, "Penelope auf dem Kriegspfad". Die Geschichte einer Frau, die gegen die männlich dominierte Gesellschaft rebelliert, auf der Suche nach sich selbst", schreibt Uta Ruscher hier.
1963 löst Oriana Fallaci ihre Wohnung in Mailand auf und zieht nach New York. Sie hat erkannt, welche Grenzen ihr der italienische Journalismus setzt.

1963
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Ihr nächstes Buch - "Se il sole muore" (1965) - über US-Astronauten bei der Vorbereitung einer Weltraummission macht sie weltweit bekannt. Wofür Oriana Fallaci jedoch am meisten geachtet und geehrt wird, sind ihre Kriegsreportagen. 1967 bzw. 1968 fliegt sie für "L'Europeo" nach Vietnam, wo sie sämtliche Beteiligte interviewt, ohne sich auf die eine oder auf die andere Seite zu schlagen, im Gegenteil: "Ich bin hier, um zu zeigen, woran ich glaube: dass der Krieg unnütz und dumm ist, der grausamste Beweis für die Idiotie der irdischen Rasse".

Mexiko - Stadt (1968)
In Mexiko - Stadt gerät sie 1968 drei Tage vor Eröffnung der Olympischen Spiele in das Massaker von Tlatelolco und wird durch drei Schüsse verletzt und irrtümlich erst in ein Leichenschauhaus gebracht...

Noch im Hospitalbett schreibt sie die dramatische Chronik des Massakers für ihre Zeitschrift - ein Beitrag, der die Leidenschaft & den Mut dieser Frau als Grundlage für ihren Beruf deutlich macht.

An der Wende der 1960er zu den 1970er Jahren ist sie überall dort anzutreffen, wo die wichtigsten politischen Ereignisse der Zeit sich abspielen: bei der Revolte der Afroamerikaner in Detroit nach der Ermordung von Martin Luther King, dem indisch-pakistanischen Konflikt. Sie interviewt scheinbar unerreichbare Politiker wie Ali Bhutto, Haile Selassie, General Giap, Indira Gandhi, Golda Meir, Reza Pahlavi, den Schah von Persien, Yassir Arafat, Henry Kissinger ( der übrigens später in seinen Memoiren gestand, sein Interview mit ihr sei "verheerend" gewesen und das "größtmögliche Desaster" ).

Mit Alekos Panagoulis
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Als sie 1973 Alekos Panagoulis, griechischer Dichter und Widerstandskämpfer gegen die Militärdiktatur, interviewt, verliebt sie sich in den Helden, der jahrelanger Folter stand gehalten hat, ohne einen seiner Mitkämpfer zu verraten. Mit ihm ist sie bis zu seinem mysteriösen Tod 1976 ( bei einem Autounfall ) zusammen.

Seinen Tod verarbeitet sie, indem sie sich das Haus ihrer Eltern zurückzieht und den Roman "Ein Mann" schreibt (1979). Auch ihre sterbenskranke Mutter ( sie stirbt Anfang 1977 ) begünstigt einen jahrelangen Rückzug.

Das Buch wird ein großer Erfolg. Ein noch spektakulärerer Erfolg ist allerdings ihrem 1975 erschienenen Buch "Brief an ein nie geborenes Kind" beschieden, das in Italien wie in der Bundesrepublik mitten in die Abtreibungsdebatte platzt. Geschrieben hat sie es 1966, als sie zum zweiten Mal eine Fehlgeburt hat, versteckt aber das Manuskript über zehn Jahre. Später verwahrt sie sich dagegen, dass ihr Buch eines über die Abtreibung sei. Es sei ein Buch über den Zweifel & den Schmerz.

1977 kündigt sie dem "L'Europeo", erhält den Ehrendoktortitel in Literatur des Columbia College in Chicago, den sie ihrer Mutter widmet, und beschließt letztendlich, wieder Interviews zu führen, für die "Washington Post" oder die "New York Times".

Keinem westlichen Journalist ist es je gelungen, Ayatollah Khomeini zweimal zu interviewen - mit Ausnahme Orianas. Tatsächlich glaubte dieser, er könne in ihrem Interview besser wegkommen als der Schah, den sie 1973 befragt hat. Als er genervt ist von ihren Fragen zur Situation der Frauen und eine sarkastische Bemerkung macht, reißt Oriana sich den Tschador vom Leib. Tumult! Oriana weigert sich zu gehen, weil sie nur die Hälfte ihres Interviews gewährt bekommen hat, also geht der Ayatollah, ist aber dann doch am nächsten Tag bereit, ihre Rede & Antwort zu stehen. Sie wird ihn später als intelligenten, scharfsinnigen Fanatiker charakterisieren.

Links mit Ghaddafi, rechts mit Khomeini (1979)


Ebenfalls 1979 interviewt sie Oberst Gaddafi in Libyen. Unverblümt fragt sie: "Wissen sie eigentlich, wie ungeliebt und unbeliebt sie sind?" Als Warm-up für ein Gespräch mit Lech Wałęsa, Polens führenden Anti-Kommunisten damals, hält sie einen Vergleich bereit: "Hat ihnen jemals jemand gesagt, dass sie Stalin ähneln, ich meine körperlich. Ja, gleiche Nase, gleiches Profil, gleiche Eigenschaften, gleicher Schnurrbart. Und die gleiche Größe, ja, ich glaube, die gleiche Größe."

China ist ein weiteres Land, dass sie besuchen möchte. 1980 wird das möglich, sogar ein Interview mit Deng Xiaoping - ein weiteres, das Geschichte macht. Sie leitet es ein, indem sie ihm zu seinem Geburtstag am nächsten Tag gratuliert. "Mein Geburtstag? Habe ich morgen Geburtstag?" - "Ja, das habe ich in ihrer Biografie gelesen."- "Ach, na wenn sie das sagen.." Und dann kommt sie auf sein Alter zu sprechen, und dass ihr Vater im gleichen Alter sei und sie von ihm eine Ohrfeige bekäme, würde sie das ein dekadentes Alter nennen, wie es Deng selbst bezeichnet...
"Was war so außergewöhnlich an ihren Gesprächen? Fallaci war immer penibel vorbereitet, nicht nur in sachlicher Art und Weise, nein, auch die Psychologie des Menschen interessierte sie. Sie war aufmerksam, hörte zu und wollte Antworten. Mit Aussagen wie „Sie sehen sehr traurig aus“ oder „ist man als König nicht unglaublich einsam?“, näherte sich Fallaci, um dann intelligent in die Offensive zu gehen. Kämpferin wie sie war, changierten ihre Fragen von direkt und mutig bis brutal." ( Quelle hier )
Anfang der 1980er Jahre zieht sie wieder nach New York, behält aber die Wohnung in Mailand und das Haus der Familie in Chianti. Und 1983 fährt sie nach langer Zeit wieder einmal an eine Front, der des Libanesischen Bürgerkrieges, in den italienische Militärs als multinationale Streitkräfte involviert sind.  Weitere Reisen folgen. Bei diesen Unternehmungen wird ihr ein 28jähriger Sergeant, Paolo Nespoli, zur Seite gestellt, der sie verehrt und mit dem sie eine Beziehung beginnt, die bis 1990 überdauern wird, obwohl ihr Alter ihr wie ein Gewicht auf der Seele lastet und das Verhältnis immer wieder trübt.
1990 veröffentlicht sie dann auch ihre Erfahrungen im Libanon einen Roman, "Inschallah". Im Jahr darauf berichtet sie über den Beginn des Zweiten Golfkriegs aus dem Irak für den "Corriere della Sera". 

1992 beginnt sie mit der Arbeit an einer einer großen Saga über ihre Familie über die Jahrhunderte hinweg, ausgehend von einer Vorfahrin, Ildebranda, die der Hexerei für schuldig befunden worden ist ( "Ein Hut voller Kirschen"/ 2008).

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Seit 1993 weiss sie von ihrer Lungenkrebserkrankung. Seither raucht sie keine Zigaretten mehr, sondern Zigarillos. Sie betrachtet die Krankheit als Krieg: Er will mich umbringen, ich will ihn umbringen. Für den Feind in ihrem Körper macht sie Saddam Hussein verantwortlich, weil sie im Golfkrieg die Luft der von ihm in Brand gesetzten Ölfelder habe einatmen müssen.

Die 64jährige schreibt über ihr Leben in jenen letzten Jahren mit dem Krebs an den Neffen:

"Man muss lernen, sich mit seinem Schicksal abzufinden. Meines ist es, die letzte Phase eines Lebens, das nur ein oberflächlicher oder schlecht informierter Mensch als glücklich bezeichnen würde, in schrecklicher Einsamkeit zu verbringen."

Der Anschlag auf die New Yorker Twin Towers am 11. September 2001 erschüttert sie zutiefst: "Ich glaubte, in den Kriegen alles gesehen zu haben. […] Aber in den Kriegen sah ich, wie Menschen getötet werden. Ich sah niemals Menschen, die sich umbringen."

Nach diesn Terroranschlägen meldet sich die Journalistin Oriana Fallaci zurück & wettert gegen die zerstörerische Mission des Islam. Sie wird dafür gescholten, gemieden, ausgegrenzt, in die rechtsextreme Ecke gestellt und wegen rassistischer Äußerungen verklagt. Aber ich teile die Ansicht ihrer Biografin Cristina De Stefano :"Ihre Kritik am Islam hat ihren Ursprung nicht am 11. September. Bereits 1960 habe sie die Behandlung der Frauen im Islam kritisiert."

In kurzer Folge bringt sie antiislamische Pamphlete wie "Die Wut und der Stolz" ( schon am 29. September im "Corriere della Sera" veröffentlicht, "Die Kraft der Vernunft" oder "Oriana Fallaci interviewt Oriana Fallaci" heraus, in denen sie den Verlust abendländischer Vernunft und den Masochismus Europas beklagt, das in ihren Augen zu einer Kolonie des Islam geworden ist. Es erreichen sie begeisterte Leserbriefe, aber auch Morddrohungen und Kritik italienischer Kollegen, wie die der - ebenfalls sehr geschätzten - Dacia Maraini:
"Liebe Oriana, ich habe immer deine Aufrichtigkeit und deinen Mut bewundert. Ich war froh, wieder deinen Namen im Corriere zu sehen: endlich kehrt Oriana Fallaci zurück um zu streiten, sagte ich mir, wie es ihrem Charakter entspricht. Willkommen in Italien! Als ich aber deinen langen und leidenschaftlichen Artikel las, wandelte sich meine Bewunderung für deinen Mut schnell in Beunruhigung über deine Verantwortungslosigkeit. Ausgerechnet in dem Moment, in dem alle, vom Papst bis zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, zwischen islamischer Kultur und Terrorismus zu unterscheiden suchen, ausgerechnet in diesen für die Zukunft der Welt so heiklen und schweren Tagen, regst du dich über diejenigen auf, die sich weigern, sich in einen Religionskrieg zu stürzen."
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Im August 2006 verschlechtert sich ihre Gesundheit zusehends, und sie lässt sich nach Florenz transportieren. Dort stirbt sie am 15. September 2006. Sie ruht bei ihrer Familie auf dem "Cimitero degli Allori" in Florenz. Auf dem Grabstein stehen nur drei Worte: "Oriana Fallaci. Sgrittore."

Was von ihr geblieben ist: Die Erinnerung an "eine große Polemikerin, Kettenraucherin, Antifaschistin, verhasste Apologetin des Untergangs, gefeierte Visionärin, Egomanin, Schriftstellerin, Liebende –- an eine Legende", schreibt Petra Reski in ihrem Nachruf auf die berühmte Kollegin in der "Zeit".

Für mich ist sie die berühmteste Journalistin der Welt, eine Ikone. Und ihren Furor im Alter kann ich nachvollziehen ( wenn auch nicht in jedem Fall gut heißen ), als eine, die in ihrer Jugend selbst für die Rechte der Frau, ( auch in Fragen der Bekleidung ) gegen den Einfluss der Religion auf das Leben jedes Einzelnen, für die Säkularisierung und für die Gleichberechtigung gekämpft hat. Da sind mir manche Entwicklungen & Erscheinungen in unserer heutigen Gesellschaft nicht nachvollziehbar & kaum akzeptabel, erscheinen sie mir doch oftmals als Rückfall in alte, überwunden geglaubte Zeiten.



9 Kommentare:

  1. Da kommt viel Erinnerung hoch bei mir. Vieles, was ich auch schon etwas vergessen hatte.
    Diese mutige und kluge Frau gehörte fast dazu. Sie sprach mit den Soldaten des Vietnamkriegs,das hat mich damals schon erschüttert. Aber auch mit Ayatollah Khomeini, Gadaffi und wie sie sonst noch alle hießen, die Männer, die das furchtbare Sagen hatten. Oriana Fallaci steht für die Gegenseite, die Wahrhaftigkeit, die Mütterlichkeit, vielleicht gerade auch, weil sie nie ihr Kind bekommen hat.
    Was für eine Frau, was für ein Leben und was für ein Sterben dann zurück in der Heimat!
    Es tut gut, ihr heute wieder zu begegnen bei Dir. Danke.
    GLG Sieglinde

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  2. Tolle Frau und wieder ein sehr gut verfasstes Portrait! Danke, liebe Astrid! Sunni

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  3. Bemerkenswert , starköpfig, fanatisch, und doch so liebevoll ging Oriana mit den Menschen um. Ich bewundere ihre Ausdauer bei interessanten Interwies die sie mit großen Persönlichkeiten geführt hat. Eine große Journalistin.!!! Und ihr Satz:" ich will so sterben wie ich gelebt habe" ist für mich ein absoluter Glaubensbeweis an das Leben.


    Danke für dein Erinnern an sie.

    Gruß zu dir
    heiDE

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  4. Spannende Frau! Den "Brief an ein nie geborenes Kind" habe ich sogar vor vielen Jahren mal gelesen, weil er bei meiner Mutter im Taschenbuch-Regal steht. Dass ich mich heute noch so an einzelne Sätze erinnern kann, spricht wohl für sich.
    Den Anti-Islamismus im Alter finde ich schwierig - es klingt nicht, als hätte sie da noch groß differenziert. Und Menschen aufgrund ihrer Religiosnzugehöigkeit alle über einen Kamm zu scheren, hat in der Vergangenheit ja nun nicht so besonders gut funktioniert.
    Das heißt nicht, dass es nicht lohnenswert wäre, über kulturelle Praktiken (und ja: auch Kleidungsvorschriften) zu diskutieren. Aber allgemein Hass zu schüren, sorgt nun eher für verhärtete Fronten und nicht für gegenseitiges Verständnis.
    Ich hatte es gestern ja schon an anderer Stelle geschrieben: Ich kenne zumindest eine junge Muslima, die aus voller Überzeugung und gegen den erklärten Willen ihrer Eltern Kopftuch trägt. Und das entspricht dem Klischee, das man im Kopf hat, halt so gar nicht. Kriegt man aber halt nicht mit, wenn man mit den Leuten keinen Kontakt hat*. Deswegen bin ich beispielsweise gegen ein rigoroses Verbot von Kopftüchern und Konsorten - weil das im Zweifel dazu führt, dass Frauen nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben und sich (noch) stärker in parallelgesellschaftliche Sturkturen zurückziehen. Und damit ist doch wirklich niemandem gedient.
    (* Das soll jetzt kein Vorwurf der Abschottung an dich oder sonstige Kommentierende sein - mein eigenes Umfeld ist reichlich homogen. Was auch wieder an gewissen Problemen des deutschen Bildungswesens liegt, aber ich weiß nicht, ob ich dieses Fass auch noch aufmachen muss.^^)

    Jedenfalls: Danke für dieses spannende Porträt!

    Liebe Grüße
    Sabrina

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  5. Danke, liebe Astrid, wieder ein Genuss, den ich mir extra für heute Abend aufgespart habe!
    Liebe Grüße
    Andrea

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  6. Hut ab! Super interessante Geschichte und bemerkenswerte Frau! Von ihr könnten sich heute so einige ein Scheibchen abschneiden...
    Liebe Grüße
    Solveig

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  7. Ein interessantes Porträt einer sehr interessanten Frau. Leider kenne ich keines ihrer Bücher, aber das lässt sich ja nachholen.
    Lieben Gruß
    Katala

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  8. Danke, liebe Astrid, für diese spannende Lebensgeschichte.
    Liebe Grüße
    Edith

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  9. Nun endlich Ruhe gefunden zu lesen... Danke fürs Erinnern. Man muss nicht alles teilen, aber ihre Leidenschaft sich auseinanderzusetzen ist beispielhaft. Lieben Gruß Ghislana

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Danke, dass du dir für ein paar liebe Worte Zeit nimmst!

Ich wünsche mir allerdings nach wie vor, dass ein Name am Ende des Kommentars steht.
Da die anonymen namenlosen Kommentare zuletzt wieder zugenommen haben, hier der ausdrückliche Hinweis:

Ich werde sie ab jetzt wieder konsequent NICHT freischalten.

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